„Ein jeder Mensch sei schnell zum Hören,
langsam zum Reden, langsam zum Zorn.“

                                                                   Jakobus 1, 19

Ich versuche zuzuhören, ertappe mich zugleich dabei, dass ich längst zu wissen glaube, was der andere sagen will und halte es kaum aus, ihn wirklich ausreden zu lassen. Er kommt nicht zum Punkt, wogegen ich mein Argument schon auf der Zunge habe. Kennt Ihr so etwas auch?

Eine gesunde Ausgewogenheit zwischen Hören und Reden zu finden, das ist die Herausforderung, die Jakobus hier anmahnt. Dabei greift er wohl auf überlieferte Tugendsprüche zurück, denn solche Aufforderung kennt das Judentum ebenso wie die griechische Philosophie. Wohl jede Kultur hat ähnliche Empfehlungen hervorgebracht. Es ist offenbar ein menschliches Phänomen von alters her, dass wir dazu neigen, dieses gesunde Gleichgewicht zu Lasten des Hörens in Schieflage zu bringen. Genaugenommen liegt der gedankliche Schwerpunkt des Jakobus aber gar nicht so sehr auf dem Verhältnis von Reden und Hören. Der Textzusammenhang macht das deutlich: Jakobus zielt mit diesem Spruch auf den menschlichen Zorn und dessen Gefahren. Über das Gegensatzpaar Hören-Reden stellt er ein weiteres Gegensatzpaar: Zorn und Gerechtigkeit Gottes. Er widerspricht der Annahme, mit Zorn könne der Mensch Gottes Gerechtigkeit zur Wirkung bringen. „Denn des Menschen Zorn tut nicht, was vor Gott recht ist.“ – wendet er ein (V.20). Wir wissen zu wenig über die Hintergründe der Empfängergemeinde(n), denen Jakobus diese Mahnung mit auf den Weg gibt. Welche konkrete Situation er möglicherweise sieht und anspricht. Aber scheinbar gab es das damals auch, dass Menschen dachten, sie müssten Gottes Recht (mit Gewalt) durchsetzen; Gott ein wenig unter die Arme greifen beim Gerechtigkeit schaffen. Und haben letztlich ihrem eigenen Zorn Raum gegeben. Um das Anliegen zu verstehen ist es nötig, den Begriff „Zorn“ in seiner neutestamentlichen Bandbreite zu sehen. Hier ist nicht nur an Wut gedacht, die sich aus dem Affekt heraus zu etwas hinreißen lässt; wo man hinterher manchmal bereut, was man im Zorn gesagt oder getan hat. Es ist auch Gericht gemeint. Also durchaus durchdachtes und zielgerichtetes Eingreifen. Nicht zuletzt das Zorngericht Gottes, das mit Draufhauen im Jähzorn rein gar nichts zu tun hat.

Letztlich sagt Jakobus: Wenn wir Gericht üben, wenn wir verurteilen und aus diesem Urteil heraus entsprechend handeln, dann wird das nicht Gott gerecht, sondern richtet eher Schaden an. Er verbietet Zorn dabei nicht grundsätzlich. Aber, wie beim Reden sollten wir hier Entschleunigung üben. Das Tempo und den Druck rausnehmen. Es kommt wohl darauf an, dass wir lernen, einander wirklich zuzuhören und uns im Verstehen üben, ehe wir reden oder gar urteilen. Ansonsten behandeln wir einander mit Vorurteilen, und damit werden wir weder Gott noch Mensch oder Gemeinde gerecht. So, jetzt könnten wir durchbuchstabieren, wo wir herausgefordert sind, zuzuhören und Beweggründe zu verstehen, ehe wir uns ein Urteil bilden oder gar eines mit Worten oder unserem Verhalten vollstrecken. Ich wünsche Euch und mir solche heilsame Entschleunigung.

 

Pa. Michael Schubach, Pastor in EFG Stollberg

Vernetzt im Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden (BEFG) in Deutschland K.d.ö.R.

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